03Februar
2013

Unberechenbare Freiheit

   Unsere allerliebsten Freunde und fast Familie <3 Unsere Lieblings-Kaitaia-Familie Getapeter Seitenspiegel

So, der Tag an dem wir Kaitaia nach fast zwei Monaten wieder verlassen wollten war gekommen. Unser Zimmer sah nicht danach aus, als wir um kurz vor halb acht aufstanden. Wie üblich sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Wir begannen den Tag damit Anzacs zu backen, schließlich brauchen wir ja viel Proviant, besonders, da wir nicht zu zweit, sondern zu fünft reisen werden. Lukas wird bis Auckland bei uns bleiben und Michèl und Florian werden noch zusammen mit uns Coromandel unsicher machen. Das wird sooo cool, wir freuen uns schon! Wir füllten noch viele weitere Dosen mit Nahrung und leerten gleichzeitig eine ganze Eispackung, bis wir zum traurigen Teil des Vormittags übergingen. Lina und Jule reisten mit Jordi und Craig ab. Groß und ausgiebig war die Umarmungszeremonie, wir konnten uns gar nicht genug verabschieden, es war so ähnlich, wie das Gefühl, wenn man sich von seinen Freundinnen vor den langen Sommerferien verabschieden muss. Wir werden euch voll vermissen, es war eine wunderschöne Zeit mit euch, OHA!!!

Viel Zeit zum Trauern blieb uns nicht, denn wir hatten noch viel zu tun, schließlich wollten wir das Hostel bis 12Uhr verlassen haben. Es blieben noch zwei Stunden, um die Blogeinträge zu schreiben, zum Warehouse zu gehen, um das Starterkabel und die Kühlakkus zu kaufen, zu duschen, Ludwig und Moritz zu verabschieden, unsere Wäsche abzuhängen, unsere Sachen zu packen und im Auto zu verstauen. Würden wir das schaffen? Wir gaben uns wahnsinnig mühe, doch komischer Weise hörten wir irgendwann schon die Frage, ob wir überhaupt heute abfahren würden. Seltsam, sah man uns nicht an, dass wir mitten im Aufbruch steckten? Ok, vielleicht könnte es für andere so aussehen, als ob wir uns entspannen, wenn sie uns dabei beobachten, wie wir einen Rockmelon-Quark (ja, echter Quark aus dem freefood!) in der Lounge essen, aber in Wahrheit kreisten unsere Gedanken währenddessen unaufhörlich um das Problem, wie wir unser Sack und Pack im Auto unterbringen sollten. Chris, das Tetrisgenie wird doch wohl eine Lösung einfallen! Und tatsächlich, irgendwann war alles im Auto-darunter ein Riesenkürbis, eine Monstermelone und eine schnuckelige kleine Rockmelon! Als Abschiedsgeschenk erhielten wir von Mike noch einen Hochglanz-Kulli und eine Visitenkarte des Hostels-subba (mit sächsischem Akzent in Andenken an Markus und Ruben)! Als es endlich soweit war, waren wir immer noch nicht so weit, denn auch uns verabschiedete man nicht ohne Pauken und Trompeten.  Abschiedsfoto an Abschiedsfoto wurde geschossen, tausend Mal umarmt und noch einmal tausende Beteuerungen sich auf der Südinsel wiederzutreffen. Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber Mike vergoss- tears of sadness or tears of joy? Wir waren verwirrt. Guter Mann, wieso so ein Gefühlsausbruch mitten am Tag? Waren wir so tolle Hostelbewohner? Wolltest du uns gestern nicht noch rausschmeißen und am Tag davor die Polizei holen? You and your british irony, we will never get it!

Kaitaia verlässt man nicht ohne dass man ein Andenken mitnimmt. Und was das angeht, haben wir ein wunderschönes bekommen. Wir werden Matt niemals vergessen, der einen Fußball so exakt geschossen hatte, dass er unseren linken Seitenspiegel traf. Tja, der war jetzt ab. Unser Panzertape rettete uns mal wieder aus dieser unsäglich schwierigen Lage. Der Spiegel wurde fachmännisch von Lukas fixiert, sodass der Fahrer beim Hineinschauen den Straßenbelag begutachten kann. Wo die Autos sind, muss der Beifahrer herausfinden.

Also dann: planmäßige Abfahrt wie bei der deutschen Bahn, d.h. mit vier Stunden Verspätung brausten wir dann mit Gehupe und Gejohle über den Parkplatz zur Ausfahrt- Auf Wiedersehen Kaitaia! Und das war leider wörtlich gemeint. Denn schon als wir die Straße erreichten, fragten wir uns: „Rechts oder Links?“ Wo geht es denn hier nach Auckland, bitte? Also, schlussfolgerten wir, sollten wir erst einmal zu Subway fahren. Dann hätte es soweit sein können, als Viola ihren Objektivdeckel vermisste. Wo war der denn jetzt schon wieder hin? Doch nicht etwa auf dem Parkplatz vom Hostel? Wir ließen Tim danach suchen, er fand nichts, so kehrten wir dann noch mal persönlich dahin um. Hallo Leute, wir sind wieder da! Ohne Deckel, dafür mit einer Wegbeschreibung ging es dann wirklich los! Naja, fast, denn wie soll ein Auto ohne Sprit fahren? Nächster Halt hieß also Tankstelle des Pak’ n Saves. Endlich war es dann soweit: Bye, bye Kaitaia, city of crime!

Gut gelaunt fuhren wir los. Mit der Fähre setzten wir von Kohukohu nach Rawene über, vorbei an der Hokianga Bay und ab zum Waipoua forest. Wiedersehen macht Freude, lieber Tane Mahuta, father of the forest. Die Jungs staunten nicht schlecht beim Anblick des gigantischen Kauris-17m Stammhöhe, 52m insgesamt (obwohl das jetzt nicht mehr so ist). Wir dagegen blieben ganz cool, waren ja schon voll die Experten! So brauchten wir auch nicht noch mal die Wanderung zu den four sisters zu machen, es hatte sowieso schon angefangen zu nieseln. Als alle wieder da waren, machten wir uns auf die Suche nach einem Schlafplatz, ein Blick auf die Uhr sagte nämlich bereits den achten Glockenschlag an. Da Lukas gerne noch einmal fahren wollte, ließen wir uns von ihm zum Maunganui Bluff beach kutschieren, wo wir unmittelbar am Strand hielten. Leider war unmittelbar neben uns ein verwunschenes Fort auf dem Dach eines LKW mitsamt dessen Inhabers, der, aufgeschreckt durch das Bellen seiner Wachhunde, zu uns trat und uns in die geheime Regelwelt seines Anwesens einweihte. Nur eine Nacht. Kein Müll. Keine Musik. Ärgert die Hunde nicht. Seid einfach unsichtbar! Das wären wir auch gewesen, hätten wir von dem stillen Alarm gewusst, den Chris unbewusst auslöste, als sie ihre Kamera auf dem Zaun aufstellte um die Sterne zu fotografieren. Heute konnten wir nämlich nicht nur orion’s belt sehen, sondern auch die Milchstraße, die wie tausende kleine Glühwürmchen am Firmament erstrahlte und uns den Atem raubte. A propos Glühwürmchen: als wir einen kurzen Nachtspaziergang am Strand machten, stutzten wir beide auf einmal. Warum glitzerte der Sand unter unseren Füßen so sehr? Eine Halluzination? Hatte der fremde Mann uns verzaubert? Nein, Millionen von Glühwürmchen erhellten uns den Weg! Quiekend wie man das von uns kennt, hüpften wir nun umher und deuteten immer wieder auf kleine Pünktchen im Sand.

Gebettet im weichen Sand, über uns ein zauberhafter Sternenhimmel mit zahlreichen Sternschnuppen, schliefen wir ein. Leider weckte uns der Nieselregen sanft, aber unangenehm , sodass wir schleunigst ins Auto wechselten. Kuschlig, eng, schwitzig und unbequem gestaltete sich das Ende der Nacht. Trotzdem konnten wir einigermaßen schlafen. So fühlt sich halt die Freiheit an: Unberechenbar.

In der Ferne sieht man Sterne 2.0