19Dezember
2015

Schleuderhand des Schlafenden

Am nächsten „Morgen“ erwachten alle so nach und nach. Lukas ächzte und maulte über die „ungemütliche“ Luftmatratze. Ole ging als Erster duschen. Chris tauschte Weihnachtsgeschenke mit Melissa aus, welche danach nach Hause fuhr. Vor allem Sebastian kümmerte sich um das Frühstück und bald saßen wir mit warmen Aufbackbrötchen und dem Schweizer Käse von Julian und Sebastian im Flur. Der Tisch und die Stühle begrenzten die Durchgangsmöglichkeiten zur Küche, sodass Chris einmal unter Julians und Violas Stühlen durchkrabbeln musste, um auf die andere Seite zu gelangen, aber wir sind ja noch jung und fit, alles kein Problem! Naja, Ole hatte leider Rückenschmerzen, aber da konnten wir auch nicht so richtig was gegen tun.

Da Marburg so eine tolle Stadt ist, dürfen alle Menschen an den Adventssamstagen kostenlos mit den Bussen umher fahren, sodass wir dies natürlich gleich ausnutzten, um wieder mal zum Aldi zu fahren. Schließlich mussten wir Nachschub besorgen! Wir kauften alles für einen feinen Nudelauflauf und grünen Salat und machten wieder kehrt. Bevor es später den Berg hinauf ging, spaltete sich die Alkoholgruppe ab, um einen Schlenker zum EDEKA zu machen. Ach ja, Glühwein war natürlich auch wieder dabei! Kaum waren wir oben angekommen, mussten wir bald auch schon wieder runter zum Bahnhof, denn endlich endlich endlich mit 17 Stunden Verspätung erreichten Lina und Jule Marburg! Was für ein Erlebnis! Allerdings schienen sie sehr happy und gar nicht so müde wie unsereins, was uns sehr überraschte. Das ist Kiwi-Reise-Power!

In der WG gab es erst mal eine Teerunde für alle. Und da unsere beiden Nachzügler doch ziemlich unternehmungslustig waren, ging es auch schon los zum winzigen Weihnachtsmarkt an der E-Kirche (Elisabethkirche), der jedoch ganz gut ankam. Lukas war ja nicht so der Fan von Weihnachtsmärkten, dort sei jeder zweite Stand entweder einer für Bratwürste oder Sachen aus Holz. Julian und Lina waren da etwas begeisterter und schauten sich die Stände auch wirklich an. Chris entdeckte einen Vogel, dessen Leib aus einer Kokosnuss bestand, deren „Haare“ so abstanden als handle es sich um Federn. Es sah faaaaaast aus wie ein Kiwi! Jedenfalls mit einer Menge Fantasie.

Nach der kleinen Weihnachtsmarkt-Session gingen wir den Steinweg hoch zum Marktplatz, vorbei an alten Fachwerkhäusern und natürlich bergauf. Denn wer Marburg nicht kennt, dem sei eins gesagt: Es geht immer entweder bergauf oder es regnet! Und an Sport war es für uns noch nicht getan, wir erklommen auch noch die letzten Höhenmeter zum Landgrafenschloss von Phlipp dem Großmütigen. Da oben hat man eine gute Aussicht auf die Stadt, vor allem, wenn man wie der Uhu oben auf einer Zinne sitzen könnte.

Bald regten die leeren Mägen zum Weitergehen an. Wir gingen runter in die Oberstadt zurück zum „early“, wo wir uns zwei Tische durch Warten sicherten, um die berühmten Aufläufe zu bestellen, die man als Student hier ist. Es war sehr käselastig und lecker, vor allem Sebastian lobte alles zur Genüge. Irgendwann passierte es, dass einige Augenpaare an einer Kellnerin haften blieben, die hin und her lief und bediente. Warum? Tja, sie sah anscheinend einer Ex-Freundin von Ole ähnlich, was Grund genug war, dass wir sie alle anstarrten.

Mit einem zufriedenen Lächeln verließen wir das Bistro und machten uns auf den Heimweg. Zuhause wurde direkt wieder der Glühweintopf auf den Herd gestellt und drei Flaschen darin entleert. Mjomjom, natürlich wieder mit den aromatischen Orangenscheiben. Wie genau es dazu kam, das wissen die Autorinnen nicht, aber es gab wohl einen Moment, in dem Sebastian und Ole auf die Idee kamen Energydrink in ihren Becher voll gutem Aldi-Glühwein zu kippen und diesem Gedicht eines zuckersüßen Heißgetränks den einzigartigen und einprägsamen Namen „E-glow“ zu geben. Von da an wurden alle möglichen Variationen dessen entworfen und welche Wirkungen sie haben könnten.

Bis tief in die Nacht lungerten wir noch auf dem mit Matratzen ausgelegten Boden herum, Sebastian war schon längst eingeschlafen und hatte sich damit natürlich einen der besten Plätze gesichert. Das schrie ja förmlich nach einer künstlerischen Gestaltung seines Gesichtes durch wasserfesten und permanenten Edding, doch nach langer Abwägung und besänftigendes Einwirken unsererseits, entschieden wir uns milder und der Edding wurde durch einen glitzernden Herzsticker ausgetauscht. Operation Sticker wurde durchgeführt durch Violas künstlerische Hand, alles dokumentiert von Chris. Nicht ganz elegant, man könnte fast sagen plump, verlief der erste Versuch, und der Sticker fiel unter sein Kinn. Doktor Bibber-mäßig fischte sie ihn wieder heraus ohne irgendwas zu berühren und der nächste Anlauf wurde gemacht. Dieses Mal landete er auf der Wange, doch das leichte Andrücken war zu viel des Guten gewesen und die Schleuderhand des Schlafenden wischte ihn fort und das Grummeln gab uns zu verstehen, dass die Aktion nicht auf viel Gegenliebe gestoßen war.

Es wurde ein schöner Abend, bei dem sich in Liegestützen gebattled wurde, bei dem Sebastian wie erwähnt schon wieder viel zu früh einnickte, Ole sein Fotoalbum von Neuseeland und Asien zeigte, Chris` Bett zum wiederholten Mal einkrachte und wo an dessen Ende alle einen gemütlichen Schlafplatz hatten, auch Lukas, Lina und Jule!