24November
2012

Am Cape Reinga

   Wir genießen den Tag Startphase

Gut gelaunt erwachte die Hälfte von uns mit dem anbrechenden Morgen. Die andere Hälfte grummelte  ein bisschen vor sich hin, gab sich aber letztendlich geschlagen. Zeitig strebten wir den Norden Neuseelands an. Zu Beginn streiften wir noch kleine Dörfchen, dann kam außer Schafsherden lange nichts mehr. Mit angsterfüllten Schreckensschreien stierten unsere Blicke auf das Armaturenbrett und wir bangten um das Leben unserer Tanknadel, welche immer weiter von ihrem ursprünglichen Höchstpunkt abwich. Schilder am Straßenrand kündigten uns die letzte Tankmöglichkeit zwischen Hourora und Cape Reinga an, zwischen denen ca. 60km lagen, an. Diese wollten wir natürlich in Anspruch nehmen. Als wir endlich den Selfservice durchblickten, mussten wir feststellen, dass unser Kreditkarten nicht mitspielten. So mussten wir unser Kiwibankkonto plündern. Um die berühmtberüchtigten Te Paki Sand Dunes hinab zu rasen, liehen wir uns hier auch direkt ein Sandboard aus, mit dem es also weiter gen Norden ging. Auf seltsame Weise verblüfft waren wir, als wir die Kuhweide durchquert hatten und plötzlich in der Ferne unerwartet riesenhafte Sanddünen an deren Rändern der Regenwald grenzte, erblickten. Voller Erwartung parkten wir vor den Sanddünen und machten uns bereit. Weicher, fließender Sand empfing unsere Füße, was jedoch beim Erklimmen der steilen Berge schnell zu einer plagenden Strapaze für unsere Wadenmuskulatur wurde. Abseits der wilden Raserei, machten wir unsere gemütlichen Vorübungen, die schon ganz schön aufregend für unser Herz waren. Doch sie waren nichts im Vergleich zu dem, was nun kommen sollte. Fast senkrecht, mit der Geschwindigkeit eines Düsenjets und eines CW-Wertes eines Pinguins donnerten wir lautlos schwerelos, anmutig wie ein Schluck Wasser in der Kurve den Abhang hinunter. Auch wenn nicht alles perfekt klappte (Chris war einmal schneller als ihr Board) machte es einen heiden Spaß, ließ uns uns sportlich fühlen und bereitete uns gute Laune! Ausgelassen wie wir waren liefen wir in der Marslandschaft herum und trafen zwei Dänen in den Dünen, die Niederländisch sprachen-dachten wir. Ausgepäährt entsandeten wir uns und fuhren das letzte Stückchen zum Cape Reinga hoch.

Ein 800m langer Weg führte hinab zum Leuchtturm, dem fast nördlichsten Punkt Neuseelands, der Ort an dem die Tasmansee und der Pazifik schäumend aufeinander treffen. Die Maori glauben daran, dass dort die Seelen der Verstorbenen an den steilen Klippen ein letztes Mal entlangwandern bevor sie ins Jenseits (Hawaiki) übergehen. Unser Plan war eine Wanderung an der Küste zu machen, jedoch war es so unglaublich schön einfach nur auf der Steinmauer am Leuchtturm zu sitzen und die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren. Es war fast ein 360° Wasserpanoramablick, der uns uns einfach frei fühlen ließ. Hin und wieder fiel auch ein Blick auf die Touristen, welche im Gegensatz zu uns nur einen kurzen Moment verweilten. Dabei trafen wir auch die Dünendänen wieder. Außerdem konnten wir nicht gehen, bevor sich das Rätsel um die grünen, ein Meter langen Blätter in den Händen zweier anscheinend Deutscher geklärt hatte. Bereiteten sie Essen zu? Ihr zu Hause wisst gar nicht, wie hungrig wir waren! Einige Stunden später, der Sonne Kraft hatte bereits nachgelassen, saßen wir vier immer noch dort und kamen langsam ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, dass es nicht um Essen ging, sondern um kunstvolle Sterne, die man aus Flachs webte, wie es bei den Maoris Tradition ist. Die beiden, Tobi und Daniel, beheimatet im Pott, waren auch Backpacker, die seit einem Monat in Neuseeland waren. Im Gegensatz zu uns, besaßen sie weder ein Auto, noch einen Reiskocher, dafür die Fähigkeit einen Truthahn zu jagen. Zuerst glaubten wir es nicht, doch als wir die Federn aus einer Tasche hervorblitzen sahen und sie uns zum Abendessen einluden, waren wir überzeugt. Völlig überwältigt von der Vorspeise, einem himmlischen Käsebrot, einem Stück Schokolade und einer ganzen Mango für uns, warteten wir gespannt und voller Vorfreude auf das Dinner. Je länger wir uns über unsere bisherigen Erlebnisse in Neuseeland unterhielten, desto sympathischer wurden sie uns. Gemeinsam genossen wir den Blick auf die glutrot im Meer untergehende (und gleichzeitig bei euch wieder aufgehende) Sonne. Den restlichen Abend verbrachten wir damit, ihnen Lieder aus dem Chor vorzusingen (Danke, Frau Porath!) und ihnen dabei zuzuhören, wie sie die maorischen Volkslieder sangen, die sie bei ihrer Woofing-Familie gelernt hatten. Als der Himmel dunkel wurde und der Leuchtturm seinen stetig wachenden Lichtschein über uns kreisen ließ, machten wir coole Langzeitbelichtungsfotos. Schließlich beschlossen wir, zu viert nebeneinander direkt unter dem Leuchtturm zu schlafen. Keuchend liefen wir also den Berg zum Parkplatz hoch, um Schlafsack und Isomatte zu holen. Dabei beobachteten wir vorbeihuschende Opossums, die wie Katzen aussahen und sich wie Kaninchen fortbewegten.

Unsere Euphorie am aus den ganzen Dokumentationen bekannten Cape Reinga unter freiem Himmel zu schlafen, wurde etwas dadurch gedämpft, dass man einfach sagen muss, dass es dort verdammt windig war. So sehr unsere Daunenschlafsäcke unseren Körper gegen den Wind schützen, so wenig waren unsere Näschen davor geschützt. Die halbe Nacht lang lagen wir wach, während die anderen wie Steine schliefen. Diesen Schlaf holten wir am Morgen nach, als sich die anderen den Sonnenaufgang anschauten.

Für uns, die wir nicht so „mega multi-Natur“ waren, war diese erste Nacht unter Sternen auf jeden Fall ein besonderes Erlebnis!GruppenfotoTe Rerenga Wairuakitschiger Sonnenuntergang